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Schreiben per Hand trainiert unser Gehirn (Foto: ParinApril - stock.adobe.com)

Fünf Vorteile von Stift und Papier

Wie Schreiben mit der Hand das Denken pusht

Kaum jemand kommt noch auf die Idee, einen umfangreichen Text mit der Hand zu schreiben. Zu Recht, denn ohne Textdateien geht heute kaum etwas – weder im Job noch im Studium. Bei manchen Aufgaben kann es sich aber auszahlen, gezielt zum Stift zu greifen. Denn: Wer Buchstaben mit den Fingern formt, kommt auf kreativere Einfälle, arbeitet effizienter und trainiert sein Gehirn umfassender als beim Tippen. 

Wir denken anders, wenn wir mit der Hand schreiben: Was viele intuitiv spüren, können Forschende mit bildgebenden Verfahren immer detailreicher zeigen. In einer aktuellen Studie verglich ein norwegisches Forschungsteam die Hirnströme von Studierenden, die Wörter entweder mit einem digitalen Stift Buchstabe für Buchstabe aufschrieben oder mit einem Finger auf einer Tastatur eintippten. Das Ergebnis der EEG-Aufzeichnungen (Elektroenzephalografie): Beim Schreiben mit der Hand wurden deutlich differenziertere Verknüpfungsmuster in Hirnregionen sichtbar, die an kognitiven Prozessen wie Sehen, Erkennen, Bewegung und Sprachbildung beteiligt sind.

 

Eine umfassende neuronale Konnektivität gilt als Voraussetzung dafür, dass wir uns Inhalte und Muster gut merken und neue Informationen abspeichern können. Der norwegischen Studie zufolge trägt gerade das Schreiben mit einem Stift in der Hand erheblich zu komplexen Verbindungen im Gehirn bei, die das Lernen fördern. Zudem ist aus der Gehirnforschung bekannt, dass wir für lange trainierte Fähigkeiten weniger neuronale Ressourcen benötigen, weil diese Prozesse automatisiert ablaufen. Für das Schreiben mit der Hand bedeutet das: Wir haben im Kopf mehr Kapazitäten frei für Wesentliches wie Inhalt, Struktur, Wortwahl und Verstehen.

 

Warum es sich lohnt, die Tastatur auch mal zur Seite schieben:

 

1.  Einen Text planen 

Wer einen längeren Text schreiben will, hat oft bereits viele Informationen im Kopf und im Rechner. Aber wie gliedere ich das Material, und was ist meine Kernaussage? Mit Stift und Block kann es leichter fallen, das Thema mit Abstand zu betrachten, sich zu fokussieren und treffende Worte zu finden. Auch viele agile Unternehmen setzen heute deshalb punktuell bewusst auf Handschriftliches auf Papier, Notizzetteln und interaktiven Boards, beispielsweise in der Projektarbeit oder in Team-Meetings.

 

2. Kreativer denken

Ein unbeschriebenes Blatt Papier ist ein Neustart, ideal fürs Brainstorming und um die Gedanken frei schweifen zu lassen. Es bietet ein Meer von Möglichkeiten für Inhalt und Form: Text, Zeichnungen, Listen, Markierungen, Pfeile, Formeln und Mindmaps. Einfach nahtlos und spontan mit dem Stift zwischen den Gestaltungsformen wechseln – aus dem Handgelenk heraus und ohne den Aufwand, eine neue App oder ein Extra-Programm zu öffnen.

 

3. Mitschreiben in der Vorlesung

Wer sich während der Vorlesung handschriftliche Notizen macht, verarbeitet die Informationen offenbar schon beim Mitschreiben besser als beim Tippen am Laptop. Das legen Versuche von US-amerikanischen Psychologen nahe. Sie verglichen die Aufzeichnungen und das inhaltliche Verständnis von 65 Studierenden, die sich mehrere Lernvideos angeschaut hatten. Die „Handschreiber“ notierten nur etwa halb so viel und fassten die Inhalte mit eigenen Worten zusammen. Bei der anschließenden Wissenskontrolle waren die Gruppen in punkto Faktenwissen ähnlich gut, doch bei Fragen zu komplexen Zusammenhängen schnitten die Blocknutzer deutlich besser ab. 

 

4. Vokabeln pauken

Die Phrases aus dem Business-English-Kurs in ein Vokabelheft schreiben? Klingt antiquiert, hilft aber der Merkfähigkeit auf die Sprünge. Wer jeden Buchstaben handschriftlich formt, erinnert das Geschriebene besser als beim Tippen oder Lesen. Das kennen wir vom Einkaufszettel: Im Geschäft brauchen wir ihn oft nicht mehr, weil wir uns Notizen „ins Gedächtnis geschrieben“ haben.

 

5. Auf Dauer besser lernen und begreifen

Erinnern, Verstehen, Kreativität, Fokus: Viel spricht dafür, dass wir auch mit zunehmender Digitalisierung noch regelmäßig zum Stift greifen sollten statt zu Laptop und Smartphone-App. Je routinierter wir handschriftlich sind, desto besser trainieren wir unser Gehirn, polen es in Richtung effizientes Lernen und haben mehr freie Kapazitäten für neue Herausforderungen in Studium und Beruf. Und wer kann die nicht gut gebrauchen!