"In Zeiten des Fachkräftemangels nehmen Roboter keine Arbeitsplätze weg"
Ob im Haushalt oder in der Industrie: Roboter kommen in unserem Alltag teilweise schon zum Einsatz. Aber welche Rolle werden sie künftig im Privatleben und bei Unternehmen spielen? Und welche Bedenken gibt es hinsichtlich Datenschutz und Ethik? Darüber haben wir mit Prof. Dr. Andrea Dederichs-Koch, FOM Professorin für Ingenieurwesen, gesprochen.
Jeder kennt vermutlich Roboter, die staubsaugen oder den Rasen mähen. Wo finden wir bereits noch überall Roboter in unserem Alltag? Roboter sind in Japan im Alltag schon weit verbreitet, bei uns in Deutschland nimmt die private Nutzung auch langsam Fahrt auf. In Forschungsprojekten wird daran gearbeitet, dass Roboter künftig Spülmaschinen ausräumen, eine Tasse Tee servieren und Menschen ihre Medikamente bringen. Sie sind auch für einen Einsatz im Krankenhaus und im Pflegebereich geplant, um dort das Personal zu unterstützen. Es gibt auch das Beispiel von einer Roboter-Robbe, die die Patientinnen und Patienten streicheln können. Festgestellt wurde, dass sie weniger Medikamente benötigten und sich ihre psychische Verfassung durch den Roboter-Einsatz verbessert hat.
Welche Rolle spielen datenschutzrechtliche und ethische Bedenken beim Einsatz von Robotern? Kleine NAO-Roboter, die auch bei uns in Deutschland zum Einsatz kommen, können sehen, hören und sprechen. Wenn so ein Roboter gehackt werden würde, könnte alles kontrolliert und ausspioniert werden. Grundlegend ist wichtig, dass Menschen selbstbestimmt über den Einsatz von Robotern entscheiden können und nur Anwendungen freigeschaltet werden, die man auch nutzen möchte. Schwierig und kritisch wird es im Pflegebereich, wenn etwa Demenzkranke nicht mehr erfassen können, ob es sich zum Beispiel um einen humanoiden Roboter oder um einen Menschen handelt.
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Werfen wir einen Blick auf die Industrie. Wo werden dort überall Roboter eingesetzt? Roboter kommen gerade im Zuge der digitalen Transformation verstärkt zum Einsatz. Sie werden auch für KMU immer attraktiver, weil sie einfacher zu bedienen sind als früher. Mit einem Smartphone oder Tablet lassen sich Programmierungen vornehmen, sodass manche Roboter nach einer Viertelstunde schon sinnvolle Aufgaben übernehmen. Besonders in der Logistikbranche hat es in den vergangenen Jahren ein exponentielles Wachstum gegeben, sodass schon Lager existieren, die nahezu ohne Menschen betrieben werden. Allerdings arbeitet kein Roboter immer vollständig autonom. Insbesondere bei wechselnden Umgebungen braucht es immer jemanden, der aufpasst, dass nichts Unvorhergesehenes passiert. Denn menschliches Verhalten ist vielfältig und komplex, sodass Roboter nicht auf alle Situationen vorbereitet sein können. Daher gibt es auch neue Strategien, um selbstlernende Roboter zu konzipieren, die vom Menschen lernen können.
Sorgen Roboter auf Dauer also für weniger Arbeitsplätze? Wenn man ehrlich ist, kosten Roboter Arbeitsplätze. Gleichzeitig werden wir in Zukunft aber einen Fachkräftemangel haben, weshalb Roboter eigentliche keine Arbeitsplätze wegnehmen. Langfristig werden wir auch Roboter benötigen, um effizient produzieren zu können. Derzeit sind wir noch in einer Übergangsphase, in der einfache Tätigkeiten immer mehr automatisiert werden und manche Arbeitskräfte durchs Raster fallen. Ein positiver Effekt der Automatisierung ist, dass kleine und mittelständische Unternehmen ihre Produktion wieder vermehrt nach Deutschland verlagern. Langfristig werden wir entweder einfach zu bedienende Systeme oder viel qualifiziertes Personal brauchen, das mit komplexen Technologien umgehen kann.
Zur Person
Prof. Dr. Andrea Dederichs-Koch ist Professorin für Ingenieurwesen an der FOM Hochschule in Essen. Zu ihren Kompetenzfeldern zählen unter anderem die Mensch-Maschine-Interkation und Assistenz-Robotik-Systeme.
Wie wird sich der Einsatz von Robotern in Zukunft entwickeln? Die Hemmschwellen sind in Deutschland wesentlicher größer als etwa in Japan. Was ich immer bemängle, ist, dass bei den Robotern, die wir entwickeln, die nackte Funktionalität im Vordergrund steht. Im Alltag wird die Akzeptanzproblematik daher ein Hindernis sein. Wenn man Roboter programmiert, die nett aussehen und sozial interagieren, dann wird es schneller gehen. Aber wir werden nicht in eine Vollautomatisierung im privaten Bereich kommen, da sind nicht nur die Widerstände in Deutschland zu groß, sondern auch die derzeit realisierbaren Roboter noch nicht sicher genug. Wenn man sich die jetzige Automatisierungstechnik in der Industrie ansieht, werden dort Roboter gang und gäbe sein.
Das Interview führte Nils Jewko.
Schon gewusst?
Das Wort „Roboter“ hat seinen Ursprung im Science-Fiction-Bereich. Es geht auf das Theaterstück „Rossum's Universal Robots“ des tschechischen Schriftstellers Karel Čapek aus dem Jahr 1921 zurück. Darin werden Roboter – auf tschechisch „robot“ – entwickelt, um schwere Arbeiten zu verrichten. Im Verlauf des Theaterstücks rebellieren die Roboter jedoch und versuchen, die Menschheit zu vernichten. „Daher kommt auch diese Urangst, dass sich Roboter gegen Menschen auflehnen könnten“, sagt Prof. Dr. Andrea Dederichs-Koch, FOM Professorin für Ingenieurwesen. Die Thematik des Theaterstücks wurde auch in Filmen wie „I Robot“ aufgegriffen.
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