Dr. Carl Naughton FOM in Frankfurt

Neues Buch von FOM Dozent Carl Naughton

"Anpassungsfähigkeit lässt sich trainieren"

28.06.2022 | Frankfurt a. M.

Angepasst zu sein, gilt eigentlich nicht als sonderlich erstrebenswert. Denn damit einher geht die Vorstellung, jemand habe kein Rückgrat, keine Haltung. Der Wirtschaftspsychologe und Linguist Dr. Carl Naughton sieht in der Anpassungsfähigkeit jedoch die wichtigste Kompetenz, um im 21. Jahrhundert erfolgreich zu sein. In seinem neuesten Buch erklärt FOM Dozent Naughton, was diese Erkenntnis für die Arbeitswelt bedeutet, wie die eigene Anpassungsfähigkeit trainiert werden kann und was das alles mit einer steinzeitlichen Höhle zu tun hat.

Für Dr. Carl Naughton steht fest: Es gibt keinen Weg zurück in eine andere, vermeintlich weniger turbulente Zeit. Stattdessen leben wir mit permanenter Veränderung, auf die reagiert werden muss. Denn da sind technologische Entwicklungen, der Klimawandel, die Globalisierung, der demografische Wandel, Krisen und unvorhergesehene Umwälzungen, die alte Strukturen überholen und neues Denken erforderlich machen. Kurzum: „Die Zukunft findet nicht in der Zukunft statt, die Zukunft findet jetzt statt“, sagt Naughton.

Kein Rückzug in die Höhle
Die hohe Komplexität der Welt erfordere daher die Fähigkeit, sich vorausschauend und flexibel an neue Situationen und Gegebenheiten anzupassen. Dementsprechend wagt der Wirtschaftspsychologe Naughton die These, dass der Anpassungsquotient (AQ) künftig wichtiger sein wird als der altbekannte Intelligenzquotient (IQ). Naughton beschreibt den AQ als adaptive Intelligenz, bei der es im Gegensatz zum IQ weniger um Logik als vielmehr um Vorhersagen darüber geht, was in der Zukunft passieren wird und wie mit der Veränderung angemessen umzugehen ist. Naughton bemüht dazu ein Bild: „Anpassungsfähigkeit ist nicht der Rückzug in die Höhle, wenn es regnet. Sie ist der Regenschirm, damit wir trotz Regen aus der Höhle herauskommen.“ Zentral sei dafür, von einem linearen Denken wegzukommen, um der neuen, dynamischen Normalität begegnen zu können.

Mehr Lebenszufriedenheit
Außerhalb steinzeitlicher Höhlen ist die Anpassungsfähigkeit dem Wirtschaftspsychologen zufolge eine entscheidende Fähigkeit sowohl für die private als auch die berufliche Zufriedenheit. Der Umstieg von der Arbeit in Präsenz auf Homeoffice während der Corona-Pandemie ist nur ein Beispiel: Das Entscheidende sei nicht der viel beschworene IQ, sondern die Fähigkeit zum Perspektivwechsel. Im Privaten wiederum könne die Fähigkeit zur Adaption die allgemeine Lebenszufriedenheit steigern. Denn im Angesicht von Veränderungen führe eine Offenheit im Denken zu weniger negativen Emotionen, da die inneren Widerstände geringer sind.

Routinen sparen Energie
Das erscheint leicht gesagt, ist in der Realität jedoch allein aufgrund der Natur des Menschen nicht ganz einfach umzusetzen. Denn fast jede Veränderung wirft Reaktanz, Unbehagen oder Stress auf. „Physiologisch betrachtet sind Routinen sinnvoll. Denn Gewohntes spart Energie, ist also ressourcenschonend. Psychologisch gibt uns Altbekanntes Kontrolle und das Gefühl, Einfluss auf die Umwelt zu haben“, erläutert Carl Naughton die Hürden auf dem Weg zu neuer Anpassung.

Anpassungsfähigkeit ist trainierbar
Die gute Botschaft des Wirtschaftspsychologen lautet: „Anpassungsfähigkeit ist eine Eigenschaft, die sich trainieren lässt.“ Um das herauszufinden, haben er und weitere Forschende Teams in Unternehmen Techniken vermittelt, die sie auf der Arbeit leicht anwenden können, um die Neugier im beruflichen Kontext zu erhöhen. Nach einer gewissen Zeitspanne seien die Teams befragt worden. Resultat: Durch das Anwenden der Technik habe sich bei den Probanden das Denken und Verhalten geändert. Eine niedrigschwellig beigebrachte und trainierte Technik kann, so Naughton, also durchaus positive Effekte auf das Mindset haben.

„Du kannst, wenn du willst“

Für den Wirtschaftspsychologen leiten sich aus diesen Erkenntnissen mehrere Handlungsempfehlungen ab. Angesichts der massiven Veränderungen sei es im Bildungsbereich sinnvoll, die adaptive Anpassung der Lernenden zu fördern. Wer überdies die eigenen Stärken kennt, kann diese gezielt herausarbeiten. So fällt es mit der neu erworbenen Anpassungsfähigkeit leichter, trotz größter Umbrüche Selbstwirksamkeit und Gestaltungsmöglichkeiten zu bewahren. „Du kannst, wenn du willst“, ist das ermutigende Fazit von Dr. Carl Naughton. ränderung wirft Reaktanz, Unbehagen oder Stress auf. „Physiologisch betrachtet sind Routinen sinnvoll. Denn Gewohntes spart Energie, ist also ressourcenschonend. Psychologisch gibt uns Altbekanntes Kontrolle und das Gefühl, Einfluss auf die Umwelt zu haben“, erläutert Carl Naughton die Hürden auf dem Weg zu neuer Anpassung.

Zur Person

Der Wirtschaftspsychologe und Linguist Dr. Carl Naughton lehrt an der FOM Hochschule in Frankfurt am Main. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf Innovations- und Transformationsprozessen in Unternehmen. Zuletzt im Gabal-Verlag erschienen ist von ihm das Buch „AQ: Warum Anpassungsfähigkeit die wichtigste Zukunftskompetenz ist“.