Eigentlich hatte Frank Kasuch ganz andere Pläne. Nach dem Abi beginnt er ein Lehramtsstudium für Katholische Religion in Münster, stellt jedoch schnell fest: „Das passt einfach nicht zu mir.“ Stattdessen macht sich der gebürtige Westfale im sozialen Bereich selbstständig, arbeitet zehn Jahre lang als freischaffender Bildungsreferent. „2014 hat mir ein Bekannter von einem Schullandheim im Bremer Umland erzählt, in dem 30 minderjährige geflüchtete Jungs untergebracht waren – und man dort händeringend Unterstützung brauchte“, erinnert sich der 42-Jährige zurück. „Ich musste nicht lange überlegen und bin hoch in den Norden.“
Das eigene Können belegen
Betreut wird das Projekt, aus dem drei Inobhutnahmestellen in der Bremer Neustadt entstehen, vom freien Jugendhilfeträger „WolkenKratzer“. Kasuch steigt beim Träger als pädagogische Kraft in der Kinder- und Jugendhilfe ein. Mit der Zeit keimt in ihm jedoch der Wunsch, sein praktisches Wissen mit einem Studium zu untermauern. „Mir kam immer wieder der Gedanke: Was passiert, wenn ich mal woanders lande? Wenn der Träger irgendwann mal aufgelöst wird? Ich wusste ja, was ich kann. Doch mir fehlte ein Hochschulabschluss, der mein Können belegt.“ Von einer Kollegin erfährt er schließlich vom berufsbegleitenden Studium der FOM Hochschule. „Da war ich 39. Und dachte mir: Jetzt oder nie!“
Studium als Fundament
Seit September 2020 studiert Frank Kasuch den Bachelor-Studiengang „Soziale Arbeit“ an der Bremer FOM, parallel zu seinem Vollzeit-Job. Was er an seinem Studium besonders schätzt: Dass er seine langjährige Berufserfahrung mit in die Vorlesungen einbringen kann – und gleichzeitig ein Theoriefundament für die Praxis legt. „Ich kann die Studieninhalte immer wieder auf konkrete Beispiele aus dem Berufsalltag beziehen. Das motiviert enorm.“ Auch persönlich konnte er sich bereits ein ganzes Stück weiterentwickeln, habe mittlerweile viel mehr Selbstvertrauen: „Das Studium bestärkt mich in dem, was ich tue.“
Menschlichkeit und Wirtschaftlichkeit
2022 bekommt Frank Kasuch das Angebot, bei „WolkenKratzer“ die Geschäftsführung zu übernehmen. „Natürlich habe ich mich gefragt: Traue ich mir diese Position zu? Außerdem liebte ich meine Arbeit an der Basis. Doch dann habe ich vor allem eine Chance gesehen. Eine Chance, etwas zu erreichen – für mich und für andere.“ Als Geschäftsführer liege es nun an ihm, den Träger für die Zukunft aufzustellen. Eine Aufgabe mit großer Verantwortung, weiß der Wahl-Bremer: „Auch im Sozialwesen dürfen wir das Thema Wirtschaftlichkeit nicht außer Acht lassen. Was die Sache nicht einfacher macht: Jede meiner Entscheidungen hat Auswirkungen auf mehr als 100 Menschen – auf meine Angestellten und das Leben unserer Klienten.“
„Immer noch ein bisschen besser werden“
Ein großes Ziel hat Frank Kasuch bereits erreicht: mit „WolkenKratzer“ eine behördlich anerkannte Praxisstelle werden. „Soziale Arbeit ist ja kein klassischer Ausbildungsberuf, hier in Bremen muss man nach einem entsprechenden Studium ein Anerkennungsjahr absolvieren. Das möchte ich angehenden Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern bzw. Erzieherinnen und Erziehern bei unserem Träger ermöglichen.“ Und die ganz persönlichen Pläne? „Erst einmal mein Bachelor-Studium abschließen. Und dann immer noch ein bisschen besser werden“, verrät er und grinst. „Vielleicht ja mit einem weiterführenden Master an der FOM...“