Geschafft: Thomas de Nocker hat nach 42 Stunden das Ziel bei der Ultra-Triathlon-WM erreicht. Anschließend hat er auch das Trikot für 2023 erhalten. (Foto: Privat)
Interview mit Ultra-Triathlet und FOM Prof. Dr. Thomas de Nocker
Was Studierende von Ausdauersportlern lernen können
23.01.2024 | Essen
Prof. Dr. Thomas de Nocker ist nicht nur Lehrender an der FOM Hochschule und vierfacher Familienvater, sondern auch Geschäftsführer eines Start-ups und Ausdauersportler. Im vergangenen Jahr hat der 41-Jährige bei der Ultra-Triathlon-Weltmeisterschaft den fünften Platz belegt und darüber ein Buch geschrieben. Darin beschreibt er, was Triathleten von Start-ups lernen können. Im Interview erklärt er, wie sich diese Tipps auch auf ein berufsbegleitendes Studium übertragen lassen.
Prof. de Nocker, bei der Ultra-Triathlon-Weltmeisterschaft sind Sie in 42 Stunden einen dreifachen Ironman gelaufen – ohne Pause. Das sind 11,4 Kilometer Schwimmen, 540 Kilometer Radfahren und 127 Kilometer Laufen. Wie kommt man auf so eine Idee? Ich habe immer viel gearbeitet und mich mit meiner Frau um unsere Kinder gekümmert. Was mir aber fehlte, war ein Hobby – bis ich 2019 gemeinsam mit einem Freund in Essen einen Marathon gelaufen bin. Ich kann beim Sport extrem gut abschalten und so habe ich mir in den Kopf gesetzt, einen Ironman zu absolvieren, was ich zwei Jahre später in Hamburg geschafft habe. Da mir längere Distanzen besonders gut liegen, folgte 2022 die Teilnahme an einem doppelten Ironman. Und als ich anschließend die Ausschreibung für die Ultra-Triathlon-WM auf der dreifachen Ironman-Distanz gesehen habe, hatte ich sofort einen Erinnerungsschmerz in meinen Oberschenkel und habe mich angemeldet.
Wie haben Sie sich neben Job und Familie auf den Wettkampf vorbereitet? Wer ein Perfektionist ist, braucht erst gar nicht anfangen. Ich habe nie perfekt trainiert, weil Familie und Job einfach eine höhere Priorität haben. Es gibt aber viele Randzeiten, die man nutzen kann. Als wir in den Urlaub nach Langeoog gefahren sind, sind meine Frau und die Kinder mit dem Auto gefahren – und ich mit dem Fahrrad. Statt abends nur Fernsehen zu gucken, kann ich mich nebenbei auch auf das Rudergerät setzen. Zeitmanagement und eine klare Struktur spielen eine wichtige Rolle, was auch für ein berufsbegleitendes Studium gilt. Wer sich bestimmte Zeiträume zum Lernen blockt, seine Freunde und Familie darüber informiert und nicht zu verkrampft an die ganze Sache rangeht, macht schon vieles richtig.
Sie schreiben in Ihrem Buch, dass es fünf Dinge braucht, um als Ausdauersportler und Unternehmer erfolgreich zu sein. Welche sind das – und gelten diese auch für ein berufsbegleitendes Studium? Jeder, der berufsbegleitend studiert, betreibt ein Nebenerwerbs-Start-up. Er baut sich neben dem Job noch etwas auf – daher gelten alle Punkte auch für das Studium. Man muss zunächst offen für Neues sein und sich fragen, ob der Sport, eine Unternehmensgründung oder ein Studium für einen infrage kommen. Dazu gehört dann auch das richtige Mindset und Mut, sich Herausforderungen zu stellen. Wer mitten im Berufsleben steht und eine Familie hat, kann sich vielleicht nicht vorstellen, berufsbegleitend einen Studienabschluss zu machen. Wenn man aber die richtigen Prioritäten setzt und auf andere Sachen verzichtet, schafft man das. Im Wettkampf, Job und Studium braucht es schließlich Motivation, Leistungsbereitschaft und Belastbarkeit, um sein Ziel zu erreichen.
Zeitlimit von 58 Stunden
11,4 Kilometer Schwimmen, 540 Kilometer Radfahren und 127 Kilometer Laufen – das sind die Distanzen, die Athletinnen und Athleten bei der Ultra-Triathlon-Weltmeisterschaft in Lensahn (Schleswig-Holstein) absolvieren müssen. Geschwommen wird im Freibad auf einer 50-Meter-Bahn, anschließend wird Rad auf einer acht Kilometer langen Pendelstrecke gefahren. Die Laufstrecke besteht aus einem 1,3 Kilometer langen Rundkurs durch ein Wohngebiet, der fast 100 Mal gelaufen wird. Das Zeitlimit liegt bei 58 Stunden. An der WM teilnehmen darf jeder, der ein ärztliches Attest mitbringt und bereits einen Ironman absolviert hat.
Das Ziel bei der WM haben Sie nach 42 Stunden erreicht. Auf der 1,3 Kilometer langen Laufrunde haben Sie immer wieder Gehpausen eingelegt und sich damit belohnt. Inwiefern? Ich habe direkt in der ersten Runde gemerkt, dass ich die 127 Kilometer nicht durchlaufen kann. Was ich aber kann, ist: zwei Drittel laufen, ein Drittel gehen. Das war der Weg, der für mich funktioniert hat, um ins Ziel zu kommen. Das versuche ich auch meinen Studierenden zu vermitteln. Es ist wichtig, sein eigenes Tempo zu finden und das konsequent durchzuziehen.
Welche Rolle hat die Unterstützung Ihrer Familie und Ihrer Freunde gespielt?
Auf den ersten Blick ist Triathlon eine Einzelsportart, aber alleine hätte ich das nie geschafft. Wer bei der WM keine feste Crew mitbringt, die beispielsweise für die Verpflegung sorgt, darf erst gar nicht starten. Besonders motiviert haben mich aber zwei Dinge: Meine Frau und meine Kinder sind spontan vorbeigekommen und haben mich während des Laufens angefeuert. Und auf den letzten 25 Kilometern ist ein Bekannter mit einem Klapprad neben mir hergefahren. Das Wissen, jemand ist immer bei mir, hat mir sehr geholfen, auch wenn wir fast kein Wort miteinander geredet haben.
Jetzt haben Sie erfolgreich einen Ultra-Triathlon absolviert. Was bleiben da noch für sportliche Ziele?
Es gibt Triathlon-Wettkämpfe, die gehen über noch eine längere Distanz. Das ist aber nicht meins. Nach der WM waren meine Batterien komplett leer. Ich mache aber weiter Ausdauersport, weil es mir Spaß macht und ein guter Ausgleich zu Job und Familie ist. Für dieses Jahr habe ich mich für die Tortour de Ruhr angemeldet, den längsten Non-Stop-Langstreckenlauf in Deutschland. Dort will über die 230 Kilometer finishen – das ist mein sportliches Ziel für 2024.
Das Interview führte Nils Jewko.
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